Wenn auf ein Motorrad der James Bond-Titelsong „For Your Eyes Only“ zutrifft, dann ist es Triumph Bestseller-Dauerbrenner. Voll auf Polarisierungs-Kurs gefahren war man, als die erste Speed Triple auf der Motorradbühne erschien. 1997. Sie war zwar eigentlich schon die zweite, denn die erste, die T300B, kam bereits 1994 auf den Markt. Aber sie war der Design-Urknall: die erste mit Ovalrohr-Rahmen, Einarmschwinge und vor allem mit dem vorne aufgepickten Rundscheinwerfer-Paar. Die Zweirad-Gemeinde hat damals aufgeschrien: „Das ist ja hässlich, typisch englisch!“
Durch solche Äußerungen ließen sich die Briten nicht beirren, im Gegenteil, sie hatten eine neue Nische kreiert, die der Konfektions-Streetfighter.
Im Laufe der bisherigen Modellgenerationen hat die schräge Dreizylinder-Engländerin eine Reihe von Modifikationen erfahren: Umstieg von Vergaser- auf Einspritz-Fütterung, Hubraumerweite- rung(en), Leistungszu- wachs etc. Aus der ersten T509 hat sich die 1050er entwickelt (wobei 509 damals nichts mit dem Hubraum zu tun hatte, es war eine 885er mit nicht ganz 110 PS). Man hat sich an ihre Glubschaugen schnell gewöhnt, die genießen heute längst Kult-Status.
Jetzt war’s aber trotzdem Zeit für eine Modell-Erneuerung. Wohl hatte sich die Speedy von 1997 bis 2010 dank etlicher Design- und Technik-Modifikationen jung erhalten. Was ihr jedoch geblieben ist, war eine gewisse Steifigkeit im Einlenkverhalten, und – im Vergleich zu heutigen Mitbewerberinnen – auch ein Anflug von Behäbigkeit. Dabei war sie nie Everybody’s Darling, sie hatte immer einen eigenwilligen Charakter, und wenn man den verinnerlicht hatte, konnte man sich kaum mehr vorstellen, ein anderes Eisen zu fahren.
Jetzt fährt Triumph wieder auf Polarisierungs-Kurs. Wohl hat die komplett erneuerte Speed Triple 1050 ihre Rahmen-Eigenart sowie die Einarmschwinge behalten und auch die Doppel-Scheinwerfer. Aber die sind nicht mehr rund, sondern polygonal. Und das ist für die Gemeinde der eingefleischten Speedy-Reiter schlichtweg ein „schiacher“ Skandal, siehe „For Your Eyes Only“ wollen viele die Rundscheinwerfer wieder zurückhaben.
Als was auch immer man die neuen Augen betrachtet: Dahinter steckt ein völlig anderes Motorrad. Der Rahmen schaut aus wie der alte, ist aber neu und schmäler. Die Fahrwerksgeometrie ist ebenfalls neu, auch die 43er-Gabel. Der um fünf PS erstarkte (von 130 auf 135, mit 111 statt 105 Nm) Motor ist weiter vorne platziert. Sie ist drei Kilo leichter (214 fahrfertig). Gewicht wurde unter anderem an den Rädern (je ein Kilo) reduziert. Die Sitzhöhe ist eine Idee niedriger. Der Lenker ist näher an den Tank gerückt. Dazu kommen eine Reihe weitere Technik- und Styling-Modifikationen.
Das Gesamt-Resultat ist in der Tat ein komplett neues Motorrad: mit einer spielerischen Agilität und scharfem, aber nicht ultrascharfem Einlenkverhalten, das auch mit jenen Fahrern spricht, die bisher noch nicht mit der Speedy auf du und du waren. Die Bremsen musste man ob ihrer Top-Qualität bei Triumph schon bisher nicht extra lobend erwähnen. Doch es geht noch besser. Was sich nicht geändert hat, ist die harte Gerechtigkeit des Fahrwerks, das jedoch komplett einstellbar ist. Damit hat die Speed Triple das solide Rüstzeug, ihre Position als Top-Serien-Streetfighter zu behalten, wie auf einer flotten 700-Kilometer-Runde mit allen möglichen Zutaten erfahren: schnelle Kurven, enge Ecken, Autobahnen – die kleine Fly Screen bietet nun wirklich passablen Windschutz -, geschotterte Baustellen, nasser und kalter, auch heißer Asphalt und viele andere Straßen-Zustände.
An die neuen Front-Scheinwerfer wird man sich gewöhnen, schließlich fährt man die Speed Triple nicht alleine wegen ihrer Augen.
Sie kostet 14.390 Euro. Dabei wird es in den seltensten Fällen bleiben. Der Zubehör-Katalog ist gespickt mit Goodies, von Tuning-Teilen bis zu Gepäcksystemen. Und es gibt auch eine Option auf ABS. Erstmals. Da kostet sie 15.090 Euro.
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